Ein entschiedenes Nein

tree-2743254(Foto von makamuki0, Pixabay)

Nein, ich bin nicht erlöst. Nein, ich bin nicht schuld am Kreuzestod Jesu, nur weil ich ein Sünder bin (siehe Katechismus 598). Nein, ich will mein Leben nicht auf den Geist ausrichten, auf ein Leben nach dem Tod.

Ich will ein Mensch sein, kein Heiliger. Ich bin ein Mensch, ein „Mangelwesen“, und darin fühle ich mich wohl. Wenn ich daran denke, wer ich wäre, wenn ich immer den geraden Weg, den sündlosen Pfad gegangen wäre, – nein, ich bin froh, durch Freude und Leiden zu der Person, die ich jetzt bin, geworden zu sein. Ohne dieses Leiden, ohne diese Freude, – was wäre das für eine langweilige Angelegenheit, Mensch zu sein.

Ich liebe die Sünde. Ich liebe die Sünder*innen. Sie sind menschlicher als die Scheinheiligen und jene, die Gott ohne Nachdenken im Mund (vor- oder nach-) kauen. Ich liebe das Finstere, das Gottferne. Wie oft war ich schon in dieser Gottferne! Und wie wundervoll ist es, in die Gottnähe zurückzukehren – aus eigener Freiheit und Willen!

Gäbe es nicht „unten“ und „oben“, du müsstest sie erfinden.

Anders gesagt, ich liebe das Verborgene. Und Gott ist im Verborgenen. Gott ist gerade dort, ausgerechnet und notwendigerweise dort.tree-2743254

Anders gesagt, ich liebe das Dunkle. Und Gott ist im Dunkeln. Gott ist gerade dort, wo das Licht nicht hinreicht.

Nein, ich will nicht auferstehen. Es genügt mir, hienieden immer wieder aufzustehen, mich immer wieder an den eigenen Haaren und mit Gottvertrauen aus dem Schlamassel, dem Chaos, dem Dreck und der Demütigung (Selbsterniedrigung, Ohnmacht und Entfremdung) herauszuziehen.

Ich habe versucht, mit Ruhe und Gelassenheit im Katechismus und in den Handbüchern nachzuforschen, wie ich glauben soll. Eine illusorische Tat. Denn ich bin wütend geworden. Diesen Scheiss kann ich schlicht nicht glauben. Ich weigere mich, diesen Scheiss zu glauben. Er überzeugt mich nicht, er wärmt mir nicht das Herz. Er überwältigt mich nicht mit Tränen; ausser mit Tränen der Wut.

Ja, ich habe von Gottvertrauen gesprochen. Das entspricht meinem Glauben: an Gottes rettendes und schöpferisches Handeln in meiner Gegenwart glaube ich. Ich glaube an Gottes Gegenwart in unser aller Leben, aber nicht in Form von Gottvater, Sohn, Geist.

Ja, ich bin wütend. Denn ohne die Erniedrigung, die Fehler, die Ohnmacht, die Schuld könnte ich niemals schöpferisch tätig sein. Und das Schöpferische ist meine Bestimmung als Mensch. Nur aus einem Ungenügen, aus einem Manko heraus kann ich schöpferisch tätig sein. Wäre ich erlöst, ich wäre ein geschlechtsloses Engelchen, das fortwährend Halleluja singt.

Nein, ich will nicht erlöst sein oder werden. Ich will leben mit Höhen und Tiefen und mich dem Fleischlichen genauso wie dem Geistigen überantworten mit allen damit verbundenen Tücken und Risiken.

Doch ja, ich werde weiterhin ein Christ sein; weiterhin mich von Jesu Taten und Worten inspirieren lassen. Denn Geheimnisse sind wundervoll auszuhalten.