Manche Menschen sind einfach böse. Da kann man nichts anderes organisieren. Denen geht es nur um den eigenen Vorteil. Und dafür gehen sie über Leichen.
So schreibt Inger Schattauer in einem Kommentar zum Hans Weder-Zitat, das ich kürzlich gepostet habe.
Es erinnert mich diese Aussage an die Frage meines siebenjährigen Jungen, weshalb die Menschen den Jesus denn so schrecklich geplagt hätten?
Darauf habe ich auch schon die billige Antwort gegeben, diese Menschen seien eben böse gewesen. Und hinzugefügt: sie haben sich geweigert, das Gute zu sehen.
Mein Sohn stellt die Frage jedes Mal neu; das heisst, meine Antwort hat ihm nicht genügt, wird ihm nie genügen.
Uns allen kann dies nicht genügen, darf dies nicht genügen.
Oh ja, auf die Bösen scheint dieselbe Sonne wie auf die Guten, der Regen fällt auf Gerechte wie Ungerechte gleichermassen (Mt 5,45). Und ich bin fast versucht zu sagen, indem ich wiederum Matthäus paraphrasiere (Mt 26,11): „Ihr habt allezeit die Bösen bei euch; mich aber habt ihr nicht allezeit.“
Was Hans Weder mit seinem Satz ausdrücken wollte, hat mit unserer positivistischen Weltwahrnehmung zu tun: Der moderne Mensch glaubt, Probleme mit technischen oder wissenschaftlichen Mitteln erforschen und im Anschluss dann auch lösen zu können:
- die Klima-Erwärmung mit der Versenkung von CO2
- die AHV mit einer Erhöhung des Rentenalters oder des Umwandlungssatzes
- das Ausländerproblem mit Mauern oder polizeilichen Massnahmen
- das Energieproblem mit dem Bau zusätzlicher Atomkraftwerke
… um nur einige Beispiele zu nennen. Will heissen: Kontrolle ist alles, Vertrauen ist nicht mehr nötig.
Ohne auf die Diskussion einzusteigen, ob Bosheit – oder Armut! – im Menschen (oder Tier?) vererbt oder erlernt ist (oder in ungleichen Teilen je nach Mensch vererbt oder erlernt), bin ich doch der Überzeugung, dass Bosheit die Folge der strukturellen Sünde (oder Sündhaftigkeit) der Welt ist.
Ich erlebe täglich Kinder mit wüsten Ausdrücken im Mund, wer tut das nicht? Sobald ich ihnen aber erkläre, was das bei andern (oder eben mir) bewirkt, sind sie erstaunt, „bessern“ sich für einige Momente der Einsicht.
Diese „wüste Rede“ führt für mich direkt in das „wüste Handeln“ – und in die Überzeugung, dass es als „realistisch“ oder immerhin „angemessen“ gelten darf, weil „alle so tun“.
Als Christ muss ich mich von dem oben zitierten Glauben resolut abwenden. Das Böse ist ein Ding der Möglichkeit; als solches ist es auch ein Ding der Möglichkeit, das Böse zum Guten zu wenden.
Aber eben: „Sie wissen nicht, was sie tun“ (Lk 23,43)!
Und das Wissen, wovon hier gesprochen wird, ist eines, das auf Zuhören und daher auch auf Einsicht basiert. Nicht ein erlerntes, schulisches Wissen, kein Positivismus.
Als jemand, der Glauben zu vermitteln sucht, bemühe ich mich darum, auch „schwache“ Schüler voll anzunehmen, in den Unterricht einzubinden. Diese „Schwachen“ benehmen sich häufig und mit Leichtigkeit und Gewohnheit „daneben“ – werden sie jedoch ermutigt und ernst genommen, stelle ich ebenso häufig eine Kreativität und Bereitschaft zur Einsicht fest, die ihren Altersgenossen (den „Starken“) fast zu fehlen scheint.
Als wären die negativ „Auffälligen“, denen unsere Eltern noch locker vom Hocker eine „üble“, ja verbrecherische Zukunft prophezeit hatten, fast die Einsichtigeren, wenn man sie anspricht.
Ja, wenn man sie anspricht…
Und ich behaupte das mit der mir eigenen Naivität: es ist niemals eine Lösung, ein „Problem“ zu verdrängen, indem man es wegsperrt oder eben: „verwahrt.“